Endlich, endlich ist es soweit. Es ist gelungen, eine Expedition zusammenzustellen. Ich erhielt die Kunde von einer Karawane, die sich im Disteltal sammelt. Morgen werde ich aufbrechen, um mich ihr anzuschließen. Die Nacht ist schon weit fortgeschritten. Ich höre das Rauschen des Meeres und den Schrei der Möven hoch über den blauen Fluten. Die Hitze des Tages glüht noch im Sande nach, der mich mit seiner Wärme aufgenommen hat. Wie so oft sind auch hier in den Weiten der tanarischen Wüste die Tage brütend heiß, die Nächte aber erfüllt von bitterer Kälte. Doch was kümmern mich die Unbilden des Wetters? Schon morgen beginnt eine Reise in ein Abenteuer, von dem niemand weiss, wie es enden möge. Malorne möge über meine Wege wachen.
Die Rucksäcke sind gepackt und die wissenschaftlichen Instrumente sorgsam in Kisten und Säcke verstaut. Morgen darf ich nicht vergessen, mich mit reichlich Frischwasser zu bevorraten. Wer weiss schon, wo es sauberes Wasser auf der anderen Seite gibt. Trockenfleisch und Kekse werden vorerst genügen müssen. Den meisten Raum nimmt meine Ausrüstung in Anspruch. Ich bin sicher, wir stoßen schon bald auf essbare Nahrung dort.
Meine Gedanken summen wie ein Bienenschwarm in meinem Kopf. Der große Reiz des Unbekannten liegt vor mir. Wohin wird er mich führen? Was werden wir vorfinden, wenn wir die Berge durchschreiten. Einmal in seinem Leben seinen Fuß auf unberührten Boden zu setzen, die jungfräuliche Natur eines nie gekannten Landes zu entdecken, der Erste unter vielen zu sein, der einer neuen Kultur gegenübersteht ist wohl der Traum eines jeden leidenschaftlichen Forschers. Wird auch mir dieses Glück vergönnt sein? Oder werde ich wie so viele den Tod finden? Den Tod auf dem Pfade der Wissenschaft? Nichts liegt mir ferner als der Durst nach Reichtum und Macht. Schätze können mich nicht reizen. Doch wieviel Wissen liegt unter dem Sand verborgen? Wieviele Rätsel werden sich mir stellen und auf wieviele Fragen werde ich Antworten finden?
Ist es vermessen, zu glauben, das ein Sterblicher dort wandeln kann, wo einst die Titanen ihre Spuren hinterließen? Ist es vermessen, zu wünschen, auch nur einen kleinen Teil ihrer Geheimnisse zu lüften? Wenigstens einen winzigen Blick hinter den Schleier allen Fremdens werfen zu können auf eine wilde unberührte Welt?
Vergib mir die Sünde der Hochfahrt, Malorne. Du kennst besser als jeder andere, was mich treibt. So neige ich mein Haupt vor dir in der Hoffnung, das du über meine Wege wachst, wie du es so viele Jahrhunderte lang getan hast. Schon zeigt sich ein erster silberstreif am Horizont und ich hänge noch immer meinen Gedanken nach. In weniger als einer Stunde werde ich aufbrechen auf einen Weg, von dem ich nicht weiss, wohin er mich führen wird.
angren am 09. Januar 14
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