Dienstag, 1. Dezember 2015
Und Antworten



Mein geliebter Gatte,

wir alle sind sehr froh darüber, endlich wieder eine Nachricht von dir zu erhalten. Ich bin gespannt auf eine nähere Beschreibung der ‚Schwierigkeiten‘, mit denen ihr zu kämpfen hattet – ich bin mir sicher, du hast sie gut gemeistert. Es freut mich sehr, dass du so viele neue Eindrücke sammeln kannst! Die Bilder lassen erahnen, welchen Wundern du täglich gegenüberstehst, und vor allem: Welche Wunder du noch erleben wirst. Natürlich würden wir alle gerne in deinem Beisein dieses Land erkunden! Was du beschreibst, klingt so anders als alles, was wir bisher gesehen haben.

Den Kindern geht es gut, sie warten sehnsüchtig auf deine Heimkehr. Nyrai hat vorgeschlagen, dass wir dich besuchen könnten. Er ließ sich nur schwer davon abbringen! Ich soll dir ausrichten, dass er gestern zusammen mit Sirion den größten Fisch gefangen hat, der je geangelt wurde. Allerdings hat er ihn wieder zurück geworfen, er wollte ihn nicht töten. Rheney möchte derzeit Schneiderin werden. Betrachte deine dunkelblaue Robe nach deiner Heimkehr nicht zu genau – sie hat zur besseren Luftzirkulation die ein oder andere zusätzliche Öffnung erhalten. Den beiden Kleinen geht es gut, noch sind sie bevorzugt nachts wach, doch das wird sich geben.

Gib bitte weiterhin auf dich Acht, besonders auf dem Weg in diese Totenstadt, die hoffentlich ein freundlicherer Ort ist als ihr Name es vermuten lässt. Sorge dafür, dass du heil wieder zu uns zurückkehren kannst. Unsere Gedanken und unsere Liebe sind stets bei dir, besonders dann, wenn du uns am meisten brauchst.

In Liebe,
dein Kätzchen



Briefe - die Fortsetzung
Amutige Gazellen springen über das satte Grün. Ihr sandgelbes Fell ist von dunklen Streifen durchzogen. Gerade just in diesem Moment springt eine Ricke mit zwei süßen Kitzen unterhalb des Felsens entlang. Wenn Ihr diese Wunder nur sehen könntet. Der Boden hier muss erstaunlich fruchtbar sein. An den hohen Bäumen mit ihren ausladenden Kronen wachsen seltsame Früchte. Unser einheimischer Führer ist flink wie ein Affe hinauf geklettert und hat einige Bündel dieser goldgelben männerfaustgroßen Früchte gepflückt. Ihr Saft ist süß und das Furchtfleisch sehr schmackhaft. Ich bin mir sicher, Du und die Kinder würden sie mögen. Vielleicht gelingt es mir, Euch welche mitzubringen, wenn die Expedition beendet ist.

Wie geht es Nyrai und Rheney? Was machen Shira und Valena? Lassen sie Dich nachts auch schlafen? Findest Du genug Ruhe? Ich weiss, das es für Dich nicht einfach ist, gerade jetzt alleine zu bleiben. Und ich danke Dir für alles, was Du auf Dich nimmst, damit ich meine Träume verwirklichen kann. Irgendwann möchte ich Dir dieses Land hier zeigen. Seine wundervollen Farben.. seine Weiten. Alleine die riesigen Statuen, die den Pass säumen... unbeschreibliche Wunder erblickt das Auge hier. Nie gesehenen Pflanzen und Tiere. Blütenblätter, die einen betörenden Duft verströmen.. manche winzige klein im grünem Laub.. manche so groß, das die Kinder darin baden könnten, wenn sich der Tau am frühren Morgen darin sammeln würde. Eine Art Schilf oder Rohr bildet einen dichten Bewuchs entlang des Ufers. Ein wenig erinnert es mich an heimisches Rohr. Die breiten Blätter haben rasiermesserscharfe Kanten. Getrocknet geben sie ein gutes Flechtmatgerial ab, wie ich mir habe sagen lassen. Man nennt es Gertenrohr und verwendet es für alle möglichen Zwecke. Zum Flechten von Körben und Kiepen... als Brennmaterial oder auch für alchimistische Zwecke. Der alte Benin hat neulich eins der zähnen Blätter zerkaut und mit dem Brei einen Insektenstich bei einem unser Gefährten behandelt. Auch der Flußschlamm hat eine kühlende Wirkung. Wenn man sich damit die Haut bestreicht, stinkt man zwar schlimmer als ein Puma, aber ein Großteil an Zecken und Moskitos lässt einen in Ruhe. Bei der Vielzahl der stechenden Insekten nimmt man dieses Ungemach nur allzu gern in Kauf.

Morgen brechen wir auf und verlegen das Lager einige Meilen tiefer in die Wüste hinein. Wir wollen die Ruinen einer uralten Totenstadt erkunden, deren größten Gebäude und Tempel weit aus der Ferne zu sehen sind. Einer der Beduinen, die uns mit Vorräten versorgen, hat mir erzählt, das nie eine lebende Seele dort gelebt hat. Aber dazu mehr. Ich höre die Rufe unseres Führers und muss den Brief für heute beenden. Sorge Dich nicht um mich, Geliebte. Meine Gedanken und mein Herz weilt stets bei Dir und den Kleinen. Gib ihnen einen Kuss von mir und sag ihnen, das ich bald wieder bei ihnen bin.

In inniger Liebe, Angren.




Briefe
Auf den nächsten Seiten sind finden sich Kopien zweier Briefe, die sorgsam eingebunden sind. Die Schrift ist sauber und geschwungen.



Mein geliebtes Kätzchen,

Aufregende Tage liegen hinter uns. Es ist uns tatsächlich gelungen, den engen Pass zu durchqueren und in endlose Weiten Uldums vorzustoßen. Es ist unbeschreiblich heiß und der Sand allgegenwärtig. In den ersten Tagen unserer Expedition hatten wir mit der einen oder anderen Schwierigkeit zu kämpfen, die wir aber glücklich gemeistert haben, wie Du an meinen Zeilen liest.

Ich werde versuchen, sie im Laufe des Tages einem der Späher mitzugeben in der Hoffnung, das er sein Ziel erreicht. Die Landschaft hier ist unglaublich. Gerade sitze ich am Ufer eines mächtigen Flusses am Fuße hoher Berge. Vor mir glänzt azurblaues Wasser inmitten eines tiefen steinigen Flußbettes. In einem kleinem See, der wohl unteridisch aus den Bergen gespeist werden muss, leben Seeschlagen, die länger sind als so mancher Mann und dicker als Bauer Hubert. Erinnerst Du Dich noch an ihn ? Sattes Grün umgibt uns und die Nähe zu Fluß mindert die glühende Hitze. Ein Labsal für Augen und Seele. Denn nur wenige Meter weiter beginnt die weiße Unendlichkeit. Gleich haushohen Wellen im Meer türmen sich die Sanddünen empor. Heiße Winde reizen die Haut. Ob wir wohl einen der mächtigen Sandstürme erleben werden? Du kannst Dir nicht vorstellen, wie allgengenwärtig der Sand hier ist. Er knirscht zwischen den Zähnen, wenn man seine Suppe löffelt.. er kriecht unter das Hemd, füllt die Stiefel und selbst an Stellen, die nur selten von der Sonne beschienen werden. In Anbetracht dessen, das Du den Brief sicher den Kindern vorliest, gehe ich hier besser nicht näher darauf ein.

Doch heute noch rasten wir hier am Ufer des kleinen Sees. Entlang des Flusses zieht sich eine breite Oase zu beiden Feldern hin, in denen eine Vielzahl exotischer Tiere zu leben scheinen. Der Fluß selbst wimmelt vor Krokilisken. Gewaltige Biester mit Rücken breit wie ein Floß, die sicher ein Kamel mühelos am Stück verschlingen könnten. Mach Dir aber bitte keine Sorgen: Das Lager liegt auf einem hohem Felsmassiv, das für die Tiere unbesteigbar ist. Im Augenblick erfreue ich mich am Flug eines schillernden Insektes, das einer unserer Wespen gleicht. Nur hat es in etwa die Größe eines Laufvogels aus dem Brachland. Du kennst doch die großen Schreiter, aus denen wir so schmackhafte Suppe gekocht haben. Die zarten Flügel schillern in allen Farben wie ein Regenbogen .



Hinterhalt
Einen solchen Punkt erreichen wir am Mittag des zweiten Tages, als die Sonne unbarmherzig auf unsere Köpfe nieder brannte. Unsere Reitiere zogen wie Perlen an einer Schnur hinter dem Tross her, während ich im Sattel zu dösen begann. Die Luft flirrte vor Hitze und spiegelte weit in der Ferne seltsame Bilder wieder. Ganze Karawanen zogen über einsame Wüstenkämme , grüne Bäume lockten. Die Beduinen warten, den Trugbildern zu folgen. Schon so mancher Reisender war der Versuchung erlegen und von der endlosen Weite des Sandes verschluckt worden. Der Hitze und der sengenden Sonne müde trotteten wir Meile um Meile voran. Gelegentlich trieb der glühende Wind der Wüste vertrocknetes Gestrüpp über unseren Pfad. Eine bleiernde Müdigkeit hatte uns fest im Griff.. Alleine die Söhne der Wüste, die unser Begleitschutz waren wurden zunehmend unruhiger. Plötzlich stockte die Karawane. Heiseres Bellen erklang, als ein Rudel Hyänen sich um uns zu versammeln begannen. Der vermeidlich leichten Beute sich sicher wähnend, begannen sie die Gruppe zu umkreisen. Heisere Rufe erklangen. Unruhig begannen die Kamele mit den Hufen zu scharen. Die weniger erfahrenen Tiere zeigten deutliche Anzeichen einer bevorstehenden Panik. Schlagartig waren wir hell wach. Schwerter glitten aus den Scheiden in die Hände.. Zügel wurden fester gefasst , als einer der jüngeren plötzlich den Arm nach oben riß und einen gutturalen Laut ausstieß. Wir hatten inzwischen den Eingang zu jenen Ruinen, die sich später als ein riesiges Grab erweisen sollten, erreicht. Eine Totenstadt.. prachtvoll in Mitten der Wüste aus Sandstein erbaut, die eine Unzahl an Geheimnissen und unentdecktem Wissen bergen mochte. Doch dafür hatten wir keinen Blick mehr. Vielmehr erblickten wir oben auf den breiten Mauerkronen kleine gnomenartige Wesen mit Turbanen auf den Köpfen, die unter bösartigen Kichern Steine und Bögen in den Händen hielten. Einige andere stießen Speere ud Keulen in die Höhe und intonierten ein wahrhaft grausiges Kriegsgeschrei, das uns das Blut in den Adern gefrieren ist. Schon fielen die ersten Reiter unter der Wucht des überraschenden Angriffs.
Ein kurzer, doch heftiger Kampf entbrannte. Blut trännkte den Boden. Kamele schrieen und rannten wüst durcheinander. Auch wir Reisenden griffen zu den Waffen, um uns und unsere Gefährten nach allen Kräften zu verteidigen. Hier galt es, seine Haut zu teuer wie möglich zu verkaufen. Wir kämpften wie die Berserker.. doch irgendwann fielen stinnkende grobe Netze von oben auf uns herab und schnürten uns wie Raupen zusammen. Unfähig auch nur einen Finger zu rühren landeten wir Überlebenden im Staub. Ein älteres Exemplar dieser Wesen schritt die kurze Reihe ab und zog uns eine Keule über den Schädel... endlich senkte sich gnädige Dunkelheit über unsere Gemüter. Die Ereignisse meiner Gefangenschaft und unserer gelungenen, wenn auch unrühmlichen Flucht erspare ich dem geneigtem Leser an dieser Stelle. Morgen legen wir noch einen Ruhetag ein. Es wird Zeit, einer Liebsten und den Kindern einen Brief zu senden. Auch wenn ich nicht weiss, wann ich eine Möglichkeit finden werde, ihn abzusenden, so kann ich mich des Bedürfnisses nicht erwähren, ein Lebenszeichen für sie zu verfassen.



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Sonntag, 19. Juli 2015
Je weiter wir in die enge Schlucht eindrangen, immer im Blick der steinernen Riesen gefangen, so heißer wurde der Wind, der uns entgegen blies. Längst schön hatten wir unsere Gesichter hinter Tüchern und Schals verborgen, sodass nur noch die Augen erkennbar waren. Der Wind pfiff in der engen Schlucht sein Lied und trieb Wolken staubiger Sande vor sich her. Alles in allem war jedoch die Stimmung gut. Nur der eine oder andere unserer Begleiter konnte sich eines beklommenden Gefühles nicht erwehren, war doch diese Passage der ideale Ort für einen Hinterhalt, wenn man es denn auf unser Leib und Leben abgesehen hatte. Nicht wenige hatten die Hand am Heft der Klinge und zuckten bei so mancher Bewegung in den spärlichen Schatten zusammen. Alleine die Vorstellung, einem Angriff
nahe hilflos ausgeliefert zu sein, ließ bei einigen meiner Begeleiter die Kehle eng werden. Es würden nur wenige kampferprobte Männer genügen, um uns zwischen den hohen Wänden einzukesseln und uns die Flucht nach vorn oder hinten abzuschneiden, während Bogenschützen uns mit ihren Pfeilen niedermachen konnten. Mit verengten Augen starrten die uns begleitenden Beduinen hinauf. Es wäre nicht das erste ;Mal gewesen, das eine Karawane hier überfallen wurde. Schon bald würden wir den kritischen Punkt erreichen, der schon so manchem Reisenden zum Verhängnis geworden war. Ausgeblichene Knochen von Kamelen und Pferden säumten halbverweht unter dem Wüstensand unseren Pfad. Und so manches Stoßgebet flog dem Himmel entgegen, auf das das Licht uns eine sichere Reise bescheren möge.




Jeder, der schon einmal die Strapazen einer solchen Reise ertragen hat, der kennt den Moment, an dem man im Sattel wegzudämmern beginnt, an dem die Glieder so schwer und taub sind, das die Umgebung zu einem eintönigem nebelgrauem Bild zerrinnt, das die Sinne nicht mehr erfassen können. Längst schon ist jener Punkt überschritten, an dem die Schmerzen der tauben Glieder und des wunden Hinterns das Bewusstsein erreichen können.

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Mittwoch, 15. Januar 2014
Nachtrag - Aufbruch der Karawane
Die Nacht eines tiefen traumlosen Schlafes liegt hinter mir. Endlich nun kann ich die überwältigen Eindrücke der Durchquerung des Passes niederschreiben. Wie bereits an anderer Stelle in diesem Tagebuch erwähnt, sammelte sich die Karawane im Diesteltal am Fuße der südlichen Berge Tanaris.
Es dauerte eine Weile, bis alle ihren Platz in der Gruppe gefunden hatten. Flankiert von einer kleinen Anmzahl bewaffneter Söldner brachen wir im ersten Licht des Tages auf. Haushoch ragten die schroffen Steilwände neben uns auf, als wir in die noch tiefdunkle Schlucht eindrangen. Gemächlich zog die Karawane voran. Nur ein sehr langsames Tempo einschlagend, um Kräfte zu sparen. Es würde noch ein langer Weg vor uns liegen. Wie groß jedoch war unser Erstaunen, als das Licht unseren Weg soweit erhellte, das wir Einzelheiten unserer Umgebung erkennen konnten.



Bereits aus weiter Ferne erkannte ich die Umrisse seltsamer großer Statuen. Wie brannte ich darauf, diese aus nächster Nähe betrachten zu können. Vielleicht gelang es mir ja, die eine oder andere näher zu untersuchen! Zumindest aber musste ich sie unbedingt skizzieren. Diese Bilder muss die Welt erfahren. Was müssen das für meisterhafte Schöpfer gewesen sein? Betrachten wir bereits hier die Werke jener legendären Schöpfer, die uns als Titanen schon öfter begegnet sind? Alle Skulpturen halten Stäbe in den Händen. Ein jeder von ihnen wird von einem Edelstein geziert, der größer sein muss als mein Kopf! Ihre Körper sind zweifelsohne hummaniod. Doch ich kann die Augen kaum von ihren Köpfen wenden. Sie wirken so fremdartig. Diese steinernen Riesen strahlen eine unbändige Macht aus. Ich blicke auf ein Geschöpft mit dem Gesicht eines Hundes. Es ist erstaunlich, wie detailreich die Darstellung der einzelnen Elemente ist. Ihm sieht ein stierköpfiger Riese streng ins Auge.




Gleich neben dem stierköpfigem Riesen die Gestalt einer Frau.. so wunderbar heraus gearbeitet jedes Detail ihrer Kleidung. Man meint, jede Falte ihres Gewandes bewegt sich im Wind. So massiv und stark die Stauen auch sind, sowirken sie auch unglaublich filigran. Der kühne Blick ihrer Augen.. die erhabene Haltung des Kopfes.. wem mag hier wohl ein Denkmal für die Ewigkeit gesetzt worden sein? Ich muss unbedingt eine Altgersbestimmung vornehmen. Vielleicht gibt uns das Aufschluß, in welchem Zeitalter die Schöpfer dieser Kunstwerke gelebt haben.




Freitag, 10. Januar 2014
Gelungene Flucht
Es ist vollbracht. Malorne und die Winde der Südsee waren uns gewogen. Während ich diese Zeilen niederschreibe befinde ich mich in einem kleinem Zeltlager am Rande einer winzigen Oase, die es hier gelegentlich zu geben scheint. Unsere Flucht aus den Käfigen ist gelungen! Wir sind in Sicherheit. Unser einheimischer Führer brachte uns sicher durch ein feuchtes sumpfiges Gebiet, in dem es vor Krokilisken und Schlangen nur so wimmelte. Der Plan, der uns zur Flucht verhalf, war so simpel wie er nur sein konnte. In der Nacht, in der das Licht ohnehin nur spärlich vorhanden ist, wagten wir ein Täuschungsmanöver, wie es waghalsiger nicht sein konnte. Meiner Reisegefährtin gelang es tatsächlich, das schwere Vorhängeschloß unseres Verließes mittels des improvisierten Dietrichs zu öffnen. Aus einigen herum liegenden Rüstungsteilen bauten wir eine Art Atrappe zusammen, die groß genug war, um drei Leuten Schutz zu gewähren. Zu meiner Schande muss ich gestehen, das mir wohl der unrühmlichste Part dabei zu kam. Ich musste mich flach auf den Boden legen und wurde steif wie ein Brett in die schweren Lederteile eingewickelt. Einer meiner Reisegefährten ergriff mich bei den Armen, nachdem, er sich eine Art Kopf aufgesetzt hatte, der im Dunkeln und auf weite Entfernung denen unserer Häscher zumindest ähnlich war. Der andere packte meine Füße. Ein Überwurf einer stinkenden Plane, deren Geruch mir wahrlich fast den Atem raubte, symbolisierte das eigenartige Fell dieser Wesen. So war ein neuer vierbeiniger Kerl geboren, dessen Rückgrat meine bescheidene Wenigkeit bildete. Nachdem der Käfig des Einheimischen geöffnte worden war, hier mussten wir einfach darauf verrtauen, das er uns nicht verriet, hoppelten wir den gallopierenden Gang eines Pferdes vortäuschend und uns am Rande der Gebäude in den Schatten haltend durch die seltsame Stadt, in die man uns gebracht hatte. Ich wurde ordentlich durchgeschüttelt. Ob es an der Dunkelheit lag oder unsere Peiniger mit anderen Dingen beschäftigt gewesen waren oder auch nicht mit einem Ausbruch ihrer Gefangenen rechneten, vermag ich nicht zu sagen. Wichtig alleine ist, das wir in Sicherheit sind. Unser einheimischer Begleiter sorgte dafür, das man uns zwei einfache Zelte überließ und uns mit Wasser und Nahrung versorgten. Vermutlich waren es geröstgete Käfer oder Schaben, die es hier zu Haufe gibt. Oder gebratene Scjhlange. Ganz gleich was. Mich umfängt ein angenehmes Gefühl der Sättigung und der Ruhe. Endlich darf ich hoffen, euch wieder zu sehen, meine Lieben. Das Adrenalin, das noch in meinen Adern kreist , flaut langsam ab. Bleiernde Schwere umfängt meine Glieder. Morgen werde ich genauer vom Aufbruch der Karawane aus dem Disteltal berichten. Morgen. Nun haben wir Zeit. Wir sind den Gefahren entronnen. Vorerst.



Erwachen im Käfig
.Meine Glieder schmerzen und mein Kopf dröhnt wie die Glocken von Sturmwind. Die Lippen sind rau und aufgesprungen. Sand knirscht zwischen meinen Zähnen. Meine Haare sind nur noch eine verkrustete Masse, die mir wirr vom Haupt absteht. Ein winziger Kohlestift und dieses Büchlein sind das letzte was mir verblieben sind. Neben mir stöhnt jemand schwer. Es stinkt nach Blut und Unrat. Die Sonne brennt heiß´auf uns herab. Ich habe solchen Durst. Ob es mir gelingt, wenigstens einen Schluck Wasser herauf zu beschwören? Ich muss aufpassen.Wenn unsere Häscher mich erwischen... Nur mühsam kann ich meine Gedanken ordnen. Wir liegen eng zusammengefpercht in einem stabilem Käfig mit eisernen Stäben. Viel zu eng, um hindurchschlüpfen zu können.. viel zu dick, um sie aufzubrechen. Ketten klirren nahe meinem Kopf. Wenn ich ihn etwas drehe, gelingt mir ein kurzer Blick auf bis an die Zähne bewaffenete Wesen. Sie haben einen Unteleib wie ein Pferd.. ihre Köpfe vermag ich nur von hinten zu sehen. Welche Farbe hat das Fell?Sie blaffen mit rauen heißeren Kehlen. Ist das schon das Ende meiner Reise? Oh Esmyra.. Oh meine Kinder.. Wo seid Ihr?Geht es euch gut? Kümmert man sich um Euch meine Lieben? Verzeiht mir, das ich Euch alleine gelassen habe. Ich muss hier raus.. zu ihnen...
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Ich dämmere hinfort. Der Durst raubt mir schier den Verstand. Meine Zunge klebt dick und schwer am Gaumen. Ich muss eingeschlafen sein. Das schwere Klirren eiserner Ketten hat mich geweckt. Wieder einer weniger. Diese seltsamen Wesen, einem Alptraum entsprungen zerren einen von uns heraus, einen der wenigen, die noch kräftig sind. Gebunden an Händen und Füßen wird er hinaus geschleift und auf ein Podest gestellt. Eine Masse aus vierbeinigen Unterkörpern und fast menschlichen Oberkörpern hat sich um ihn zusammen gerottet. Es macht den Eindruck einer Viehauktion.

Malorne Hilf ! Es ist eine Versteigerin. Kein Zweifel. Mein unglückseeliger Reisegefährte wird gerade als Sklave verkauft. Esmyra!


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Nacht! Endlich brennt die helle Scheibe nicht mehr erbarmungslos auf uns hinab. Schützend umfässt uns die Dunkelheit. Ich habe mich in eine Ecke gedrängt ganz hinten. Zwei meiner Reisegefährten scharren sich um mich. Viele von uns liegen in einem fiebrigen Dämmerschlaf. Wir müssen die Zeit nutzen, ehe auch wir zu schwach sind. Sie haben einen der ihren gebracht. In Ketten. Anscheinend bekriegen sich hier zwei einheimische Völker bis aufs Blut. Sein Käfig grenzt an den unseren. Vielleicht naht hier Rettung. Eine meiner Reisegefährten versucht sich mit ihm im Schutz der Dunkelheit zu verständigen. Sie hat im Staub neben den eisernen Stangen einen einzelnen Dietrich gefunden. Kann das unsere Rettung sein? Werden wir es schaffen, aus unserem Käfig auszubrechen? Gelingt uns die Flucht aus dieser vermaledeiten Stadt?

Wie sehne ich mich nach euch, Kätzchen. Ich rufe mir dein Bild und die Gesichter der Kinder vor Augen, um mich daran festzuhalten und den Verstand nicht zu verlieren. Rheneys Lachen, Nyrais Necken.. ihr fehlt mir so sehr. Ich bete mit jedem Schlag meines Herzens, das Malorne mich wieder zu Euch führt. Meine geliebte Familie. Hoffentlich sorgst du dich nicht zu sehr um mich, wenn die Nachrichten ausbleiben. Ich gebe dem Wind einen Kuss für euch mit auf die Reise.



Donnerstag, 9. Januar 2014
Die ersten Tage
Endlich, endlich ist es soweit. Es ist gelungen, eine Expedition zusammenzustellen. Ich erhielt die Kunde von einer Karawane, die sich im Disteltal sammelt. Morgen werde ich aufbrechen, um mich ihr anzuschließen. Die Nacht ist schon weit fortgeschritten. Ich höre das Rauschen des Meeres und den Schrei der Möven hoch über den blauen Fluten. Die Hitze des Tages glüht noch im Sande nach, der mich mit seiner Wärme aufgenommen hat. Wie so oft sind auch hier in den Weiten der tanarischen Wüste die Tage brütend heiß, die Nächte aber erfüllt von bitterer Kälte. Doch was kümmern mich die Unbilden des Wetters? Schon morgen beginnt eine Reise in ein Abenteuer, von dem niemand weiss, wie es enden möge. Malorne möge über meine Wege wachen.

Die Rucksäcke sind gepackt und die wissenschaftlichen Instrumente sorgsam in Kisten und Säcke verstaut. Morgen darf ich nicht vergessen, mich mit reichlich Frischwasser zu bevorraten. Wer weiss schon, wo es sauberes Wasser auf der anderen Seite gibt. Trockenfleisch und Kekse werden vorerst genügen müssen. Den meisten Raum nimmt meine Ausrüstung in Anspruch. Ich bin sicher, wir stoßen schon bald auf essbare Nahrung dort.

Meine Gedanken summen wie ein Bienenschwarm in meinem Kopf. Der große Reiz des Unbekannten liegt vor mir. Wohin wird er mich führen? Was werden wir vorfinden, wenn wir die Berge durchschreiten. Einmal in seinem Leben seinen Fuß auf unberührten Boden zu setzen, die jungfräuliche Natur eines nie gekannten Landes zu entdecken, der Erste unter vielen zu sein, der einer neuen Kultur gegenübersteht ist wohl der Traum eines jeden leidenschaftlichen Forschers. Wird auch mir dieses Glück vergönnt sein? Oder werde ich wie so viele den Tod finden? Den Tod auf dem Pfade der Wissenschaft? Nichts liegt mir ferner als der Durst nach Reichtum und Macht. Schätze können mich nicht reizen. Doch wieviel Wissen liegt unter dem Sand verborgen? Wieviele Rätsel werden sich mir stellen und auf wieviele Fragen werde ich Antworten finden?



Ist es vermessen, zu glauben, das ein Sterblicher dort wandeln kann, wo einst die Titanen ihre Spuren hinterließen? Ist es vermessen, zu wünschen, auch nur einen kleinen Teil ihrer Geheimnisse zu lüften? Wenigstens einen winzigen Blick hinter den Schleier allen Fremdens werfen zu können auf eine wilde unberührte Welt?

Vergib mir die Sünde der Hochfahrt, Malorne. Du kennst besser als jeder andere, was mich treibt. So neige ich mein Haupt vor dir in der Hoffnung, das du über meine Wege wachst, wie du es so viele Jahrhunderte lang getan hast. Schon zeigt sich ein erster silberstreif am Horizont und ich hänge noch immer meinen Gedanken nach. In weniger als einer Stunde werde ich aufbrechen auf einen Weg, von dem ich nicht weiss, wohin er mich führen wird.



Gedanken und Briefe
Vor meinen geschlossenen Lidern sehe ich das liebliche Anlitz meiner Frau und meiner Kinder. Die Umarmung meiner Seele gilt ihnen in dieser Stunde. Ich weiss, wie schwer es ihr fiel, mich gehen zu lassen. Gerade jetzt, wo die beiden Kleinen da sind. Und noch schwerer fiel es mir, meinem Auftrag zu folgen. Doch ein einmal gegebenes Wort darf nicht gebrochen werden. Und vielleicht sichert der Erfolg dieses Unternehmens ihre Existenz. Ich sehe ihr feines Haar, die dunklen Locken, die ihr Gesicht umrahmen. Das Grün ihrer Augen erinnert an die tiefe weite See. Rheneys helle Stimme und Nyrais so ernstes Gesicht begleiten mich hinab in eine kurze Phase der Ruhe. Ich vermisse euch schon jetzt so sehr. Doch so Malorne will, werden wir schon bald wieder vereint sein. Ich werde meiner Liebsten noch ein paar Zeilen schreiben. Ihre Tage sollen nicht mit Sorge um mich erfüllt sein.

Mein liebes Kätzchen,

Ich hoffe, ihr seid wohlauf und habt die letzten Tage seid meinem Aufbruch gut überstanden. Meine Reise hat mich sicher an die Küste von Tanaris geführt, wo ich die letzte Nacht verbringen werde, ehe das Unternehmen beginnt. Die Ausrüstung ist gut und die Mannschaft macht einen soliden Eindruck. Die uns begleitenden Söldner scheinen ihr Handwerk zu verstehen. Morgen schließen wir uns der Karawane an und werden den ersten Pass durchschreiten. Ich weiss noch nicht, wann ich wieder die Möglichkeit habe, dir zu schreiben. Es ist ein unwegsames unbekanntes Land, in das wir bei Sonnenaufgang reisen werden. Über mir leuchten unzählige Sterne. Ein Sternenschweif löst sich aus ihrer Mitte. Möge er euch meine Liebe bringen. Gib den Kindern einen Kuss von mir und sag ihnen, das Papa an sie denkt. In meinen Gedanken verweile ich bei euch , egal wohin mein Weg mich führen wird.

In inniger Liebe, Angren.

Segne deinen ergebenen Diener in deiner Güte.

Auf die folgende Seite ist ein Brief geklebt, dessen Handschrift eine andere ist.

Mein geliebter Gatte,
 
sei unbesorgt – hier geht alles seinen gewohnten Gang. Die Kinder vermissen dich sehr, doch sie verstehen, dass kein magisches Wesen das Essen auf unseren Tisch zaubert, sondern du. Sie lassen dich innig grüßen und wollten dir auch etwas zukommen lassen. Nyrai hat einen merkwürdigen Stein gefunden, ein Stück einer Mauer so scheint es, den er dir abgezeichnet hat. Rheney hat dir ein Bild gemalt – du badend im Meer. Sie lässt dir sagen, wenn du mitten in der Wüste bist und das Bild ansiehst, geht es dir gleich besser.
 
Vor dir liegt ein großes Abenteuer, ich wünsche dir von Herzen die Erlebnisse und Entdeckungen, die du dir ersehnst. Und die Kraft, das Durchhaltevermögen und das Geschick, unversehrt zu uns zurückzukehren. Bitte gib zu jeder Tages- und Nachtzeit auf dich Acht, lass dich nicht von deiner wissenschaftlichen Begeisterung hinreißen, unnötige Risiken einzugehen. Meine Gedanken und meine Liebe werden dich stets begleiten.
 
In Liebe,
dein Kätzchen

Daneben finden sich die beiden von Kinderhand gezeichneten Bilder. Alle Schriftstücke sind mit äusserter Sorgfalt behandelt worden.